Meine erschreckende Meditationserfahrung

Es kam alles ein bisschen anders als geplant. Meine Meditationserfahrung im Oshozentrum auf der Insel Lesbos.

Meine erschreckende Meditationserfahrung

Ich kann sagen, dass ich meinen Körper beherrsche, aber mein Geist? Nein, der macht so ziemlich was er will! Ich überlege viel zu viel, vor allem wenn ich eigentlich abschalten möchte, weil ich todmüde bin und nur noch vier Stunden habe bis der Wecker klingelt. Als meine Freundin Gülcin mir vom OSHO Afroz-Meditationszentrum auf der griechischen Insel Lesbos erzählte, war ich total fasziniert. Ich beschloss, sie zu begleiten und hoffte insgeheim, neue Meditationstechniken zu lernen.

Als wir dort ankamen, sah ich alle meine Vorurteile bestätigt: Männer und Frauen trugen alle lange Haare, kein Make-Up, wallende Ethno-Gewänder und Birkenstöcke. "Was zum Teufel mache ich hier?" war der erste Gedanke, der mir durch den Kopf schoss. "Sei nicht anmaßend, diese Leute sind wahrscheinlich viel schöner und reifer als du selbst", tadelte ich mich selbst. Meine Freundin schien sehr glücklich zu sein und es ganz normal zu finden, dass wir von Wildfremden Umarmungen kriegten, bevor wir zu einem kleinen Steinhaus im Wald geführt wurden. Es war offensichtlich, dass wir unsere Bleibe mit vielen kleinen Insekten und Spinnen teilen würden, aber das machte mir nichts aus. Ich war dankbar, ins Bett zu gehen und erstmal zu schlafen.

Am nächsten Morgen haben wir die Dynamische Meditation verpasst. Gülçin sagte, dass es vielleicht besser sei so, denn anscheinend schreien und weinen die Leute oftmals und sie befürchtete, dass ich schockiert sein könnte. Wir frühstückten unter den Bäumen, und ich war entzückt, anständigen Filterkaffee und eine süße rote Katze zu finden, die mit Entzücken ein Eigelb von meinem Teller schleckte. Nach meiner zweiten Tasse fühlte ich mich bereit für den Strand. Wir zogen unsere Bikinis an und spazierten den Hügel hinunter nach Zorba. Zu unserer Überraschung war der kleine Ort zum überlaufen voll. Bald fanden wir heraus, dass es wegen des Internationalen Eressos Women's Festivals war, ein Anlass für lesbische Frauen. Ich bin mir nicht sicher, ob sie dachten, dass Gülçin und ich auch ein Paar wären, jedenfalls erhielt ich zum ersten Mal von einer Frau diesen typischen Männerblick.

Am späten Nachmittag gingen wir zurück in das Meditationszentrum, um and der Kundalini Meditation teilzunehmen. Wir schlossen unsere Augen und begannen unsere Körper sanft zu den Klängen der Trommeln zu schütteln. In der zweiten Phase tanzten wir auf der Stelle und überließen unsere Körper ganz den Klängen der Musik. Ich konnte es mir natürlich nicht verkneifen, die anderen beim Tanzen zu beobachten. Die erste Hälfte der Meditation verlief für mich ganz gut. Für die nächsten 15 Minuten wurden wir gebeten, still zu bleiben und vorbeiziehende Gedanken, Gefühle oder Empfindungen zu beobachten. In der letzten Phase sollten wir uns auf den Rücken legen und das gleiche nochmals machen. Während diesem Teil war ich gelangweilt und dachte unweigerlich an all die Dinge, die ich nicht hätte denken sollen.

Vor dem Abendessen um 19 Uhr ist es eine Tradition im OSHO-Zentrum, zusammen zu tanzen und feiern und dann still zu sitzen. Gülcin hüpfte herum, gefolgt von zwei Mädchen, die einen ekstatischen Gesichtsausdruck hatten und aus irgendeinem Grund keine BHs trugen, was mich total irritierte. Ich selbst konnte mich nicht zum Tanzen bringen, obwohl ich in Nachtclubs zum Beispiel extrem gerne tanze. Ich fühlte mich einfach nicht wohl, ich fühlte mich angespannt und ehrlich gesagt, beneidete ich die Tanzenden, weil sie so frei waren. Die Feier endete mit den drei Rufen "Osho, Osho, Osho". Dann saßen wir zehn Minuten auf dem Boden, bevor sich die Musik von einem Tonband mit Stille abwechselte und schlussendlich mit drei lauten Trommelschlägen endete.

Es war schon dunkel, als sie ein Video von OSHO zeigten. Ich liebte es. Nach dem Studium der Philosophie an der Universität in Zürich, war es mir eine Freude, seiner Weisheit zu lauschen, seine Worte zu absorbieren und reflektieren. Ich kann Kant oder Wittgenstein zwanzigmal lesen und verstehe ihre offensichtlich brillanten Gedanken nicht. Hingegen lese ich OSHOs Buch wie ein Roman - er schreibt einfach, faszinierend und sehr unterhaltsam. Er bringt sehr lustigen Beispiele aus seinem Alltag, um seine Theorien zu veranschaulichen. Hier kannst du mehr erfahren, wenn es dich interessiert.

Alkohol war sicherlich nicht der Grund, dass ich mich am folgenden Tag wie ein neuer Mensch fühlte, denn wir hatten in dieser Nacht nur Tee getrunken. Wir nahmen an der Dynamischen Meditation teil und ich war total entspannt, ich hatte sogar Lust zu reden und zu lachen, selbst als ein paar schrien und komische Geräusche machten. Zur Mittagszeit hatten wir eine Sufi Meditation geplant. Dies ist eine sehr mystische Meditation, bei der du dir vorstellst, dass dein Körper die Erde und dein Herz die Sonne ist. Die Meinung ist, dass du verstehst, dass Gott oder das Göttliche in deinem Herzen ist und dass dies der Grund ist, warum das Herz dein Leben regieren sollte, nicht dein Kopf.

Die Sufi-Meditation hat mir viel Spaß gemacht! Zuerst haben wir alle zusammen als Gruppe kontinuierlich eine halbe Stunde getanzt. Danach begannen wir langsam und dann sehr schnell zu wirbeln. An einem bestimmten Punkt fühlte es sich an, als ob ich mit ausgebreiteten Armen fliegen würde und plötzlich geschah etwas unglaubliches: Ich habe nicht gedacht! Ich hatte mich völlig in der Bewegung verloren. Das war ein wirklich tolles Gefühl. Nach dem Wirbeln legten wir uns mit geschlossenen Augen auf den Bauch, aber da begann ich wieder zu denken und die Magie verflog. Meine Gedanken wanderten zum Mittagessen, and den Strand und ich wünschte wirklich, endlich aufstehen zu können.

In der Abendveranstaltung tanzte ich (mit BH!) und hatte eine tolle Zeit. Danach gingen wir an die Party und aßen an der Bar. Wir gingen spät zu Bett und ich überredete Gülcin, die Morgenmeditation auszulassen und stattdessen am Strand zu frühstücken. Mit meiner Freundin zu plaudern, schwimmen und Bücher zu lesen hatte meiner Meinung nach eine genauso positive Wirkung wie eine Meditation. Ich machte das Licht aus und rollte mich auf die Seite, als ich etwas an meinem Bein spürte. Ich war müde und dachte, dass meine Muskeln zucken würden. Aber dann passierte es wieder. Etwas bewegte sich in meiner Pijamahose und dieses Etwas war nicht ich! Ich kreischte und sprang auf meine Füße. Alarmiert machte Gülçin das Licht an. Ich hatte Todesangst, meine Hose auszuziehen, weil ich eine Schlangenphobie habe und ich war mir ziemlich sicher, dass es etwas Langes sein musste. Es gab keinen anderen Ausweg, als meine Hose auf einen Schlag herunter zu reissen. Ich machte es und wurde prompt von einem 15 Zentimeter langen und dicken schwarzen Tausendfüßler gebissen.

Ich erlitt einen Schock und begann zu zittern, während ich auf meine Hose auf dem Boden starrte. Gülcin hatte ebenfalls geschrien und ihr Gesicht war aschfahl. Wir wussten beide, dass wir, was immer in der Hose gesteckt hatte, finden mussten, aber ich konnte mich nicht dazu bringen, den Pyjama zu inspizieren - unmöglich. Gülcin hob den Stoff mit spitzen Fingern auf und ich konnte sehen, wie verängstigt auch sie war. Die Inspektion verlief erfolglos - der Tausendfüßler war verschwunden. Jetzt wurde es noch unheimlicher. Doch zu unserer Erleichterung erspähten wir ihn nach einigen Sekunden an der Wand. Wir schauten uns um, doch alles was wir finden konnten war ein Besen. Wir waren uns einig, dass es nicht das richtige Werkzeug war um den Tausendfüßler in Schach zu halten, der würde garantiert entkommen. Entschlossen riss Gülcin eine Kartonschachtel mit einem Kerzenhalter auf, die sie gekauft hatte. Wir versuchten, den Eindringling zu erwischen, aber zu unserem Entsetzen ist er aus der Schachtel geschlüpft. Das war genug für uns beide. Wir entschieden uns, kurzen Prozess mit dem Insekt zu machen. Meine tapfere Freundin zog ihren weißen Turnschuh aus und knallte ihn mit Entschlossenheit auf den Tausendfüssler. Fasziniert beobachtete ich sie. Glaube mir, ich bin Vegetarierin und ich fühle mich schrecklich, wenn Lebewesen leiden, aber dieses Ding war auf meiner nackten Haut gewesen und hatte mich gebissen! Ich war ungeheuer erleichtert, als es auf den Boden fiel. Wir überprüften alle Wände und die Decke und entdeckten eine riesige Spinne. "Spinnen sind kein Problem für mich", sagte ich. "Oh nein", meinte Gülcin, "jetzt wo wir schon dabei sind, gehen alle diese Fiecher raus." Sie kletterte auf das Bett und fegte die Spinne auf den Boden, wo ich sie vorsichtig auf meine Hand nahm und vor die Tür warf. Wieder wanderten unsere Augen zu den Wänden. Und wieder haben wir ein Reptil über der Tür entdeckt. Gott sei Dank ist die kleine Eidechse entkommen, bevor meine Freundin es bis zum Eingang schaffte.

Unnötig zu sagen, dass wir in dieser Nacht nicht gut geschlafen haben und dass die ganze Magie der OSHO-Meditation innerhalb von fünf Minuten verflogen war. Trotzdem war es eine großartige Erfahrung und ich kann es kaum erwarten, mein Buch "THE SEARCH" fertig zu lesen. OSHO verwendet zehn Zen-Gemälde aus dem 12. Jahrhundert, die die Geschichte eines Bauern auf der Suche nach seinem verlorenen Stier - eine Allegorie für die Suche nach Erleuchtung - erzählen.